Mai 2017
Ein Leitfaden für das richtige Grüßen am Land

Im Innviertel wird ja gerne gegrüßt. Immer, dauernd und überall. Wurscht, ob man die Menschen kennt, geschweige denn mag. Ich steh’s mir ja da drauf. Vor allem, weil ich es aus Wien Umgebung anders kenne. Da Meinige, koa Dasiger, war am Anfang unserer Beziehung diesbezüglich doch recht verwirrt. Ich kann mich noch gut erinnern, als wir eines schönen Wintertages am Aigelsberg spazieren waren. Uns kamen viele, viele Menschen entgegen. Und alle grüßten uns „Griaß Eich“ und ich antwortete dann natürlich mit „Griaß Di“. Wie man das halt so macht. Irgendwann fragte er mich dann: „Sag mal, kennst du da wirklich jeden?“ Natürlich nicht. Nicht mal ansatzweise. Aber man grüßt eben der Einfachheit halber alle. Muss dabei aber ein gewisses ungeschriebenes Regelwerk beachten.
Prinzipiell ist man außerhalb einer geschlossenen Ortschaft immer per Du. Vor allem, wenn man gerade im Garten steht oder den Hühnern nachjagt. Innerhalb einer Ortschaft wird es komplizierter. Beruflich ist man per Sie. Alle, die irgendwie halbwegs so alt wie man selbst oder jünger sind: per Du. Alles ansatzweise Anflirtwürdige: auch per Du, wurscht wie alt. Ältere Damen mit leicht strengem Blick (sogenannte Bissgurrn): auf jeden Fall per Sie. Vor allem wenn’s an Haglstecken in der Hand haben. Ältere Männer als Frau nur per Du, dann freuen sie sich. Jegliche Handwerker: per Du. Arzt und Pfarrer per Sie, außer man ist Stammkundschaft bei ersterem oder hat ein Gspusi mit letzterem, dann auch hier: per Du. Soll ja durchaus vorkommen. Aber dann hat man wahrscheinlich eh andere Sorgen als die richtige Anrede. Beim Arzt natürlich, nicht was ihr schon wieder denkt… Das andere kommt ja praktisch nie vor. Es geht ja auch kein Handwerker pfuschen.
Erschienen in den Oberösterreichischen Nachrichten in der Rubrik Unser Innviertel