April 2017
Warum das Stadtleben manchmal doch seine Vorteile hat.

Ich liebe das Landleben aber manchmal sehne ich mich nach einer Großstadt. Ja ok, im Vergleich zu den Metropolen im Innviertel ist wahrscheinlich sogar Kottingbrunn eine Großstadt – und das ist noch nicht mal eine Stadt. Aber ich meine so richtige Großstädte, die einem das ermöglichen, was ein Landleben niemals bieten kann. Und ich spreche hier nicht von mondänen Einkaufstempel, nepalesischen Restaurants oder veganen Eisdielen. Das braucht ja in Wahrheit ah kein Mensch. Ich spreche vom wahnsinnigen Luxus der Anonymität. Klar, wir haben auch am Land Internet und da ist jeder wunderbar anonym, der das möchte. Ich spreche aber von dem wohligen unbekannt sein und nicht gekannt werden.
In der Stadt, wo es wurscht ist, was du anhast oder wie du aussiehst, weil du den Menschen der dich sieht oder trifft wahrscheinlich eh nie wieder sehen wirst. Wo es egal ist, ob du zeigst, dass du gerade grantig bist.
Wo es niemanden kümmert, dass du um halb zehn morgens noch im Pyjama herumläufst. Nicht mal beim Billa. Manchmal vermisse ich das. Sehr. Alle hier kennen mich. Alle beobachten ständig was ich tue. Alle wissen wie ich aussehe und wie ich drauf bin.
Ungelogen: Neulich habe ich mich um halb zwöf mittags in meinem Büro unter meinem Schreibtisch vor meinem Postler verstecken müssen. Weil ich um elf duschen war und folglich lediglich im Schlafrock und Handtuchturban unterwegs war. Mit quasi nix drunter! Und meine Gene schreien mir zu: Wos datn da die Leut sagen? Dasst di net schamst Diandl! Um elfe!… Ha. Nicht mit mir. Dann lieber verstecken.
Der UPS Liefermann hat mir gestern die Adresse seines Heilpraktikers gegeben, weil ich ihm dauernd pseudomäßig hustend im Pyjama die Tür mit den Worten aufmache: „Kumm net zuwa, i bi kank“ Ja mei, ich schlaf halt bis acht. Wer ko der ko.
Man braucht nur eine gute Ausrede.
Erschienen in den Oberösterreichischen Nachrichten in der Rubrik Unser Innviertel