Juni 2020
A Hehn mit Singerl, des siagt ma jo heit goa nimma

Es war einer dieser Frühsommertage, die man dafür nutzt, den eigenen Garten auf Vorderfrau zu bringen. So stand auch ich bis zu den Hüften im Unkraut meines Wurzgartens und bemühte mich, der Lager Herrin zu werden, um eeendlich die Paradeiser einsetzen zu können. Wie immer war ich begleitet von mehreren meiner Hühner, die ungeduldig mit ihren Haxeln scharrten, weil sie darauf warteten, dass endlich ein Leckerbissen in Form eines Wurmes oder Käfers, vielleicht sogar einer kleinen Schnecke für sie abfiel.
Dabei war auch eine Henne – Trude – mit ihren 12 Singerl – letztere zwar (noch) namenlos, aber wegen ihres Geburtszeitraums von uns als „die Coronas“ bezeichnet. Dem Mutterhuhn wurde das Warten auf eine Nachspeise aber rasch zu fad, denn sie hatte noch etwas vor: ihrem Nachwuchs die Welt zu zeigen nämlich! Also verzupfte sie sich alsbald mit ihrer Brut vom Ort des Geschehens in Richtung Straße, um eingehend den Straßenrand auf Essbares zu inspizieren.
Da es eben ein ausnehmend schöner Frühsommertag war, waren auch ausnehmend viele Spaziergänger*innen bei uns unterwegs. Unter anderem auch ein Pärchen mittleren Alters, das extra stehen blieb und das Treiben der bunten Hühnerbande am Wegesrand eingehend beobachtete. Nur warum taten die das eigentlich? Die Neugierdsnase in mir gewann die Oberhand und ich fragte nach.
Die Antwort war recht einfach: „A Hehn mit Singerl, des siagt ma jo heit goa nimma“. Sie hatten damit wirklich Recht.
Denn wie sollten wir auch, wenn wir die Hühner, die unsere Eier produzieren, in Brütereien ausbrüten, in Aufzuchtbetrieben groß ziehen und dann (nach ca. 1-1,5 Jahren *) töten lassen. Ja, und auch Bio Hühner werden nicht älter**. Von den Brüdern der konventionellen Legehennen reden wir mal lieber gar nicht. Geschweige denn, dass diese Hühner Nachwuchs haben. Woher sollten die Singerl dann auch kommen. Eigentlich könnte da aber auch jede*r was dagegen tun. Nicht die 10er Eier kaufen, die im Supermarkt 1,69 Euro kosten, ist bestimmt ein Anfang. Aber ihr seids ja kreativ, ihr Innviertler, euch fällt da sicher noch mehra ein, damit a Hehn mit Singerl keine Begegnung der dritten Art bleibt. Goi?
*) kann man z.B. bei Vier-Pfoten nachlesen, oder bei GEO, oder bei…
**) steht z.B. in der NZZ
Erschienen in den Oberösterreichischen Nachrichten in der Rubrik Unser Innviertel