April 2021
Wir Innviertler sind ehrlich und direkt. Und sagen immer gleich, wenn uns was stört.

Vor einiger Zeit, als die Kinder meiner Schwägerin noch „das Kind“ waren und ich kulinarisch wesentlich todesmutiger als heute war, trug sich die folgende (und ich schwöre bei meinem Dampfgarer) von vorne bis hinten wahre Geschichte zu.
Es war Sonntag, es war ein kalter Frühlingstag und es war der Geburtstag des Meinigen. Noch dazu ein runder und deswegen waren alle geladen und weil es was gratis gab, kamen natürlich auch alle. Und wenn ich sage alle, dann meine ich auch alle. Unter anderem auch Schwiegermutter samt Schwiegervater sowie Schwägerin und Schwager nebst Erstgeborenem. Zu diesem Zeitpunkt ca. hüfthoch und ein verwöhnter Fratz.
Was lässt sich für eine große Familienfeier gut vorbereiten und ist außerdem meine Leib- und Magenspeise? Richtig. Rindsrouladen. Kannst du am Vortag machen und kochen sich dann quasi von alleine. Heißt, du hast während die Liebe Familie bereits da ist, genug Zeit, um dich in der Küche dem Alkohol hinzugeben, weil drinnen eh alle über das Kind reden – vor allem dessen Eltern.
Rouladen schmecken aber auch praktisch jedem Fleischesser. Können alle essen, auch die Kinder, auch die Alten, trotz der Zähne. Also gab’s an dem Sonntag: Rindsrouladen für alle!
Sollte man meinen. Den Erwachsenen mundeten die zarten Rouladen, die quasi auf der Zunge zergingen und die Bandnudeln vorzüglich, alleine der Schwieger-Spross weigerte sich auch nur einen Bissen zu essen. Und beschäftigte alsbald den gesamten Tisch mit seinem abwechselnden „Nein das ess ich nicht“ und „Hunger“ Geplärre. Sprich: Es war eine wahre Freude am Tisch zu sitzen. Aber nichts zu machen, nicht mal Nudeln ohne alles wollte der Prinz. Die Mutter redete auf das Kind ein. Der Vater löste das Problem auf seine Weise: „Er möchte Brie.“
Daraufhin legte mein Großvater, der zur ganzen Chose bislang geschwiegen hatte, bedächtig sein Besteck beiseite und sagte während er den Raum verließ: „Wos hobt’s es do kriagt? An Franzos?“
Seitdem mache ich jedes Mal, wenn die zu uns kommen Quiche Lorraine. Mit Brie überbacken. Bis sie es merken.
Das Kind macht nächstes Jahr Matura.
Erschienen in den Oberösterreichischen Nachrichten in der Rubrik Unser Innviertel