Das Innviertler Weihnachtsenvangelium

Dezember 2019

nach Mosauerin


In jenen Tagen erging der Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen.

So zog auch Josef von der fernen Stadt Vindobona in Austria inferiore, hinauf ins Innviertel in die Stadt Johannes, die Braunau heißt; denn Josef war aus dem Hause und Geschlechts der Mosauer. Er wollte sich eintragen lassen mit Marie, seinem gschlamperten Weana Verhältnis, die ein Kind erwartete (aber nicht von ihm).

Und weil sie eben gerade in der Nähe waren, standen neben den steuerlichen Angelegenheiten auch noch eine Menge bunter Verwandtschaftsbesuche am Programm. Am vierunzwanzigsten gab‘s mittags Fisch bei Tante Zenzi, denn es war ja ein Fasttag, am Abend dann Mettenwirscht bei da Mama und es war so a richtige Bescherung als d’Mama die schwangere Marie kennenlernte. Am fünfundzwanzigsten hatten sie wia sa se gheat: a anständigs Bradladarei bei da Oma und am sechsundzwanzigsten ging es mit der gesamten Familie – weil‘s eh scho wurscht war – gemeinsam zum Chinesen.

Was keinen mehr besonders störte, weil traditionell seit den Mettenwürsten die halbe und seit dem Bratl dann die ganze Familie miteinander zerstritten war. Wegen der Marie. Also dieses mal nicht wegen der Wienerin sondern wegen des Geldes. Wengam Goid hoid. Und ein Dauerbrenner: wer den Hof übernehmen soll. Und warum da Pepi net öfter hoam kimmt. Und wieso da Pepi jetzt auf einmal a Grüner ist. Und wer überhaupt der Vater des Kindes sei.

Als dann wirklich keiner mehr mit dem anderen sprach fuhren alle wieder auf den elterlichen Hof heim. Als sie dort waren, kam für Marie die Zeit ihrer Niederkunft und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelten ihn in Windeln und legten ihn auf den Rücksitz ihres Kombis, weil am Hof kein Platz für sie war und brausten nach Wien zurück.

Und als sie dann wieder in Wien waren sprach ein Engel zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: in 365 Tagen ist wieder Weihnachten!

Epilog: Marie aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach.

Erschienen in den Oberösterreichischen Nachrichten in der Rubrik Unser Innviertel

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