Ausflugstipp: Naturium am Inn / Ering

Naturium Mosauerin Ering Auwald

Jaja, ich weiß schon, der Blog heißt “Landblog aus dem Innviertel” aber heute nehmen wir es mal nicht so genau. Denn auch “drentam Inn” gibt es jede Menge richtig cooler Dinge zu sehen und zu tun. Zum Beispiel im Naturium am Inn in Ering, in das ich letztes am heiligen Sonntag um 10 Uhr morgens geschleppt wurde. Bei strömendem Regen. Im Nachhinein betrachtet: Gott sei Dank! Aber lest selbst…

Ich muss ja echt gestehen, dass Sonntag 10:00 früh nicht gerade wirklich meine Zeit ist, um irgendwelche Aktivitäten zu starten. Abgesehen davon mich vom heiligen Schlafgemach an den noch heiligeren Frühstückstisch zu schleppen. Und so war ich zwar neutral eingestellt, als mich Mama Mosauerin fragte: “Ich möchte unbedingt mal eine Wanderung durch die Innauen machen, da gibt’s so Führungen, gehst mit?” aber minder begeistert, als ich erfuhr dass dies am heiligen Sonntag um 10:00 vonstatten gehen sollte. F****adammt.

Aber mitgefangen, mitgehangen. Oder so. Huift auf jeden fall alles nix. Denn nicht mal das Herabregnen der bekannten “Schuastabuam” hielt Mutter Mosauerin und die beste Back- und Kochschwester als Begleitung davon ab, mich zuerst nach Frauenstein zu zerren um dort zu parken und mich dann weiter über das Kraftwerk nach Ering, in das Naturium am Inn zu bugsieren. Praktischerweise liegt das gleich drentam Inn, 300 Meter hinter dem Kraftwerk Ering. Also halb so schlimm.

Naturium Mosauerin Ering
Naturium am Inn, Blickrichtung Grenze

Ich wusste ja nicht viel, nur dass es sich um eine Wanderung in den Innauen handeln sollte – und irgendwas mit Vögeln. Neben uns drei Grazien hat sich noch eine kurendes Pärchen aus Bad Füssing im Naturium zum geführten Spaziergang angemeldet und da natürlich WIR uns verspäten, geht es gleich nach dem Ausfassen der Ferngläser auf in die Innauen.

Naturium Mosauerin Ering Auwald

Hochwasser ist für den Auwald essentiell

Relativ bald kommen wir bei unserem Spaziergang mit unserer Guide zu einem Obelisken, der die verschiedenen Hochwasserstände anzeigt. Hochwasser ist hier wichtig, denn ein Auwald ist auf regelmäßige, durchaus auch länger andauernde Überschwemmungen geradezu spezialisiert. So gibt es dort dauerhaft keine Bodenameisen (wie in unseren Gärten), sondern Baumameisen, die ihren Bau in mindestens 1 Meter Höhe in einem Baum anlegen. Ist es länger trocken, wandern Bodenameisen ein. Wir die Au überschwemmt, schwemmt das Hochwasser diese Ameisen wieder davon.

Naturium Mosauerin Ering Auwald

Ein typisches Gewächs, das ich vorher auch noch nie gesehen habe, ist der “Hohlzahn”. Ein Lippenblütler. Sehr hübsch!

Naturium Mosauerin Ering Auwald

Auch Neophyten gibt es im Auwald

Ebenso anzutreffen: das Indische Springkraut. Ein nach dem Jahr 1500 eingewandertes Kraut und daher ein Neophyt. Neophyten haben ja keinen besonders guten Ruf, wir erfahren aber von unserer Guide, dass bei uns eigentlich 30% aller Pflanzenarten Neophyten sind. Die Allermeisten machen übrigens gar keine Probleme. Wenn es doch Probleme gibt, dann meist dadurch, dass neue Pflanzenarten einfach in der Nahrungskette nicht vorkommen. Das bedeutet, dass sie den potentiellen Fressfeinen unbekannt sind und deshalb nicht gefressen werden. Dadurch werden sie nicht im Zaum gehalten und sie vermehren sich enorm. Das Gute: auch relativ neue Neophyten werden früher oder später von der einheimischen “Nahrungskette” entdeckt und so wird das indische Springkraut mittlerweile schon oft von Miniermotten befallen oder von Biber oder Schnecken verjausnet. Die Pflanze ist aber auch bei Bienen und Hummeln beliebt, da sie im Herbst blüht und so das Nahrungsangebot ergänzt. Kein Dings ohne Dings also.

Naturium Mosauerin Ering Auwald
Das Indische Springkraut ist ein Neophyt und ein Anzeiger für stickstoffhaltigen Boden.

Man lernt aber nicht nur beim geführten Spaziergang jede Menge über den Auwald, sondern kann sich selbständig am Lehrpfad weiterbilden, zum Beispiel Frühblüher entdecken. Da jetzt aber gerade fast schon Herbst ist, stehen bei unserem Spaziergang heute die Zugvögel auf der Agenda und nicht die Frühblüher. Bei all dem Schauen und Fotografieren muss ich übrigens aufpassen, dass ich mich nicht verzettle und so hechel ich meiner Gruppe hinterher.

Naturium Mosauerin Ering Auwald
Der Auwald. Wunderschön

Bäume im Auwald

Der Auwald, den wir heute durchstreifen ist ein Weichholzauwald. Ein typisches Gewächs dort ist die Silberweide. Der Auwald entwickelt sich aber natürlich weiter und wird früher oder später zu einem Hartholzauwald werden, in dem dann Buchen, Eichen und co. wachsen werden. Damit wird der Auwald dann wieder neuen Lebewesen und Pflanzen Heimat bieten.

Naturium Mosauerin Ering Auwald
Das Typische Gewächs im Weichholzauwald ist die Silberweide.

Auf den Bäumen hier im Auwald kann man Fledermauskästen entdecken. Ich lerne aber: es ist extrem schwierig Fledermäuse dort auch anzusiedeln. Manchmal bleiben diese Kästen oft jahrelang leer, manche werden nie bezogen. Solche Nisthilfen sind also immer nur zweite Wahl im Vergleich zu natürlichen Verstecken und Nistmöglichkeiten.

Wer auf dem Weg durch die Au seltsam aneinander gebundene Bäume findet, wird sich vielleicht wundern, was das soll. Dabei handelt es sich um eben solche natürlichen Lebensräume, die man bei der Umgestaltung des Auwaldes mit dem Fischaufstieg erhalten wollte. Kurzerhand wurden die abgestorbene Bäume mit ihren Specht Höhlen an noch lebende Bäume gebunden und sind so perfekter Unterschlupf für allerlei Getier – eben auch für die Baumfledermaus, die solche Höhlen nutzt. Übrigens sind die Fledermäuse, die ihr vielleicht im Stadl oder Dachboden habt (ich hab die da auf jeden Fall) Hausfledermäuse, die nichts mit den Waldfledermäusen zu tun haben.

Naturium Mosauerin Ering Auwald

Das Umgehungsgewässer ist essentiell für Fische

Apropos Fischaufstieg. Wer von euch schon mal vom Kraftwerk Ering zum Vogelaussichtsturm spaziert ist (das ist 4km Richtung Simbach und sehr zu empfehlen!) hat bestimmt schon das Umgehungsgewässer gesehen. Hier wurde auf 2 km Länge ein “Nebengewässer” zum Inn geschaffen, das den Fischen einen Aufstieg ermöglicht. Wenn ihr euch auch schon mal so wie ich gefragt habt, wie die Fische wissen, wo sie hinmüssen: Fische nehmen die Strömung wahr und diese sogenannte Lockströmung lotst sie zuverlässig in das Umgehungsgewässer. Cool oder?

Dass das ganze Umgehungsgewässer funktioniert, wurde nach Fertigstellung auch getestet. Immerhin kostete die Fischumgehung 9 Mio. Euro. Und da wäre schon gut zu wissen, ob das auch hinhaut. Deswegen wurde beim Auslass eine Reuse eingebaut um das kontrollieren zu können. In den ersten sechs Wochen wurden dort unglaubliche 26.000 Fische gezählt, die das Umgehungsgewässer benutzt haben! Also es scheint zu funktionieren – im Laufe der Zeit hat sich die Fischmenge, die das Kraftwerk so passiert allerdings relativiert. Am Anfang sind einfach so unglaublich viele Fische vor dem Kraftwerk angestanden und konnten nicht mehr weiter. Die haben quasi schon gewartet, dass es endlich weitergeht mit der Reise innaufwärts.

Naturium Mosauerin Ering Auwald

Das Umgehungsgewässer hat aber noch zwei weitere Funktionen. Zum einen is es dazu da, um den Auwald gezielt unter Wasser setzen zu können, damit sich nicht zu viel Hochwasser innabwärts bewegt und dann Passau oder Schärding überflutet. Alles Wasser, das im Auwald ist, ist eben nicht flussabwärts in der Stadt. Dazu wird der Auwald im Falle des Falles geflutet und nach und nach wieder abgelassen. Das ist nicht nur gut für die Städte am Inn, sondern auch für den Auwald selbst, der regelmäßiges Hochwasser braucht, das durchaus auch mal länger dauern soll. Zwischendurch braucht der Wald dann aber auch wieder trockene Phasen.

Naturium Mosauerin Ering Auwald

Zum anderen ist das Umgehungsgewässer auch als Laichplatz für die Fische wichtig. Was im Inn nämlich durch die vielen Kraftwerke heute fehlt, ist der Kies, den die Fische aber zum laichen brauchen. Früher war der Inn sehr kiesreich, deswegen haben wir auch überall die Kiesgruben / Schottergruben bei uns am Inn! Heutzutage staut sich der Kies vor den Kraftwerken und wird dann ausgebaggert.

Was jedoch durch die Kraftwerke durchkommt ist der Sand. Der Inn bringt jedes Jahr unfassbare 5 Millionen Tonnen Sand im Jahr mit. Der Sand lagert sich im Inn ab – erkennbar an den Inseln, die sich in den Innstauseen bilden (oder als nicht so gutes Beispiel in der Hagenauer Bucht)

Die Inndämme sind Sekundärbiotope

Die Inndämme sind oftmals sehr artenreiche Halbtrockenrasen. Als das Kraftwerk gebaut wurde, wurden die Staudämme aufgeschüttet und nicht sofort mit Humus beschüttet. So konnte sich eine spezialisierte Pflanzengesellschaft entwickeln, die es trocken und mager braucht. Bestes Beispiel für so eine Pflanze ist die am Inn oft zu findende schwarze Königskerze mit ihrem einzelnen dunklen Stiel.

Wichtig für diese Standorte ist übrigens, dass sie 1-2 mal im Jahr gemäht werden, denn die Pflanzen dort brauchen Licht, das sie nicht haben, wenn zu hohes Gras wächst. Also nicht traurig sein, wenn die Dämme Ende Juli gemäht werden, obwohl zu dem Zweitpunkt noch eine großen Blütenpracht zu sehen ist. Das ist notwendig um die Artenvielfalt zu erhalten. Jetzt im Frühherbst sehen wir die zweite Blüte.

Der Innstausee

Aber dann stehen wir endlich oben am Damm und sind bereit uns den Zugvögeln zu widmen, die bereits im Innstausee auf ihrem Weg in den Süden Rast machen. Manche davon sind jedoch keine Gäste sondern brüten bei uns. So gibt es zum Beispiel seit 2009 ein Seeadler Pärchen, das jedes Jahr erfolgreich für Nachwuchs sorgt. Seine Nachkommen ziehen bereits durch Europa auf der Suche nach einem idealen Brutplatz. Mit viel Glück haben wir irgendwann auch mehrere Brutpaare entlang der Innstauseen.

Auf den Sandinseln im Innstausee wächst nicht nur Schilf, rechts im Bild sieht man auch bereits Silberweiden, die sich ansiedeln und als erste Bäume auf den Sandbänken anwachsen. Das alles wäre übrigens ohne einen wichtigen ökologischen Helfer gar nicht möglich. Dieser lichtet den Schilfgürtel und später auch die Weiden. In diesen Lichtungen können später andere Bäume wachsen. Der Name des Helfers: der Biber.

Naturium Mosauerin Ering Auwald

Der Biber ist besser als sein Ruf!

In Biberrevieren ist nachweislich mehr Artenvielfalt vorhanden als außerhalb, er ist also essentiell für die Artenvielfalt an Flüssen. Warum? Er schafft Biotope und Strukturen. Schmeißt er einen Baum um, entsteht Totholz. Totholz ist wichtig für Spechte. Spechte machen ihre Brutlöcher in dieses Totholz. Diese Brutlöcher werden später von anderen Vögeln oder Insekten genutzt. Wo unterschiedliche Insekten sind, kommen auch unterschiedliche Vögel, die diese fressen.

Naturium Mosauerin Ering Auwald
Wird nicht von jedermann gemocht, ist aber wichtig für die Artenvielfalt: der Biber

Der Biber staut natürlich auch mal einen Bach auf, das heißt er macht aus einem Fließgewässer ein Stillgewässer. In einem Stillgewässer können dann aber wieder ganz andere Arten leben als in einem Fließgewässer. Der sogenannte “Biberteich” wird von Insekten und Fischen besiedelt. Die Insekten fliegen dabei oft selbst ein – die Fische nutzen gerne Vögel als Taxi.

Seit den 1970iger Jahren wurden Biber auch bei uns wieder angesiedelt und mittlerweile gibt es kein Gewässer ohne Biber. Einmal im Mai kommen 2-3 Jungen zu Welt, die mit 3 Jahren auf Wanderschaft gehen und sich ihr eigenes Revier suchen. Ein Biberrevier ist dabei ca. 4-5 Quadratkilometer groß. Biber besetzen dieses Revier und leben dort dauerhaft paarweise zusammen.

Wenn jedoch aller Reviere besetzt sind, können junge Biber bis zu 100km querfeldein marschieren. So kommt übrigens auch in einen Zufluss losen Weiher ein Biber 😉 Jetzt, da praktisch alle Reviere besetzt sind, werden die Biber aber auch nicht mehr mehr. Denn der Biber sorgt selbst dafür, dass er nicht überhand nimmt. Einerseits durch eine hohe Sterblichkeit der Jungen bei der Umstellung von Milch auf Grünzeug, andererseits im jungen Erwachsenenalter durch die Revierkämpfe. Da der Biber nämlich dauernd im Wasser lebt, entzünden sich Wunden besonders schnell, ein verletzter Biber ist auch unter tierärztlicher Obhut nur seltenst zu retten. Aber zurück zu den Vögeln, wegen denen wir ja wirklich hier sind und zur Frage:

Wie weit fliegen eigentlich Vögel?

Vögel sind unglaublich mobil und schnell unterwegs und so erfahren wir, dass einmal am Innstausee bei Ering ein Vogel gesichtet wurde, der am Vortag (!) in Helgoland, also mehr als 1.000 km weit entfernt (!!) beringt wurde. Damals glaubte man noch, dass diese eine absolute Ausnahme war, mittlerweile weiß man aber, dass schneller Langstreckenzug bei Vögel die Regel ist. Viele Vögel fliegen tatsächlich von der Nordsee in einem einzigen Flug in den Mittelmeerraum. Dabei fliegen sie oft in so hohen Höhen, dass wir sie nicht mehr sehen sondern nur mehr Schwärme über Radarmessungen “gesehen” werden können.

Am Inn merkt man übrigens auch, wenn über den Alpen schlechtes Wetter ist, denn dann “staut” sich der Verkehr. Sprich: es gibt mehr Vögel am Inn, die darauf warten, dass das Wetter besser wird. Apropos besseres Wetter. wir warten nicht darauf, sondern gehen trotz Regen zurück zum Naturium.

Im Naturium am Inn

Im Naturium geben wir nicht nur unsere Feldstecher zurück sondern schauen uns auch noch sehr interessante Ausstellung an. Einiges kennen wir schon aus den spannenden Geschichten unserer Guide, einiges ist uns neu. Besonders imposant finde ich den Vergleich der Luftbilder des Inns im Laufe der Jahre.

Und dann machen wir uns aber nach mehr als 2 Stunden in der Au auch wieder auf den Heimweg, schließlich macht so ein Spaziergang hungrig und in mir keimt die Hoffnung, dass da Meinige vielleicht was gekocht hätte…

Infos zum Naturium

Im Naturium am Inn gibt es über das Jahr verteilt die verschiedensten Veranstaltungen von einer Frühlings-Pilzwanderung über Wildbienen-Nistkästen-bauen über Auwaldwanderungen und Vogelstimmenexkursionen bis hin zu Fledermausexkursionen und dem Herbstlichen Vogelzug an den Stauseen und noch vieles mehr.

Die Führungen sind soviel ich gesehen habe in der Regel kostenlos, teilweise erfordern sie aber eine Anmeldung. Details dazu im Programm online unter www.naturium-am.inn.eu

Infobox Naturium am Inn Ering:

täglich geöffnet
April – September 9 – 17 Uhr
Oktober – März 10 – 16 Uhr
Winterpause 24.Dezember-6. Jänner

Innwerkstrasse 15
D-94140 Ering
+49 8573 1360
naturium@rottal-inn.at
www.naturium-am.inn.eu

3 Kommentare zu „Ausflugstipp: Naturium am Inn / Ering

      1. Ja, haben wir, an drei verschiedenen Stellen, eine in Jütland und zwei auf Seeland. Die in Jütland ist die grösste “Bibersiedlung”, gar nicht so weit von uns. Da muss ich unbedingt mal hin Biber gucken.
        Liebe Grüsse zurück in das schöne Innviertel!

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